Einblicke - 23. Juli 2025
Geschrieben von Hugo Kermiche&Léon Pieyre 3 Minimale Lesezeit
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Solution Deep-Dive: das Konzept
Mit der Serie "Solution Deep-Dive" möchten wir unseren Leserinnen und Lesern einen vertieften Einblick in gekennzeichnete Lösungen und ihre realen Anwendungen geben. In den kommenden Monaten werden wir verschiedene in der Schweiz ansässige Unternehmen in kurzen YouTube-Videos und Artikeln vorstellen, um Ihnen die Innovationen näher zu bringen, die einen nachhaltigen Wandel bewirken.
Interview mit Joseph Scuderi, Gründer von Sun-Ways
An einem schönen Sommermorgen durften die Mitglieder der Stiftung Solar Impulse das Pilotprojekt von Sun-Ways in Buttes (Neuenburg) besuchen. Dieses im April 2025 gestartete Projekt hat 48 Solarpaneele auf einem Bahngleis installiert und soll jährlich 16'000 kWh Strom für lokale Anwendungen produzieren.
Wir hatten Gelegenheit, mit Joseph Scuderi, dem Gründer von Sun-Ways, über diese innovative Lösung zu sprechen. Er sprach mit uns über die Entstehung dieser Idee, die Herausforderungen, mit denen Sun-Ways konfrontiert ist, seine Zusammenarbeit mit der Stiftung Solar Impulse und seine Vision für die Zukunft dieser Technologie.
Die Sun-Ways-Lösung entlarvt
Die Technologie von Sun-Ways ermöglicht die Installation von Solarzellen zwischen den Schienen eines Bahngleises. Wie J. Scuderi es ausdrückt:
Die Herausforderung besteht nicht in der Erzeugung von Energie aus photovoltaischen Solarzellen, sondern in der Erzeugung dieser Energie zwischen den Schienen der Eisenbahn. Diese Lösung ist innovativ, weil die Züge sie ohne Probleme und Sicherheitsrisiko überfahren können.
Die Paneele können auch leicht entfernt werden, wenn Wartungsarbeiten erforderlich sind, und sie können die Energie an der Stelle erzeugen, an der sie auch verbraucht wird. In naher Zukunft soll diese Energie in den Bahnstrom eingespeist werden, um den Bedarf des Schienenverkehrs, der Industrie oder des öffentlichen Netzes zu decken.
Die Entwicklung von Sun-Ways im großen Maßstab
Das System von Sun-Way wurde in Form eines Pilotprojekts auf einer 100 m langen Strecke einer Schweizer Bahnlinie implementiert, um das Potenzial der Technologie zu beweisen. J. Scuderi ist der Meinung, dass Sun-Ways in einem viel grösseren Massstab einen wichtigen Einfluss haben könnte:
In der Schweiz gibt es 5000 km Schienenwege, was einer nutzbaren Fläche von 5 Millionen km2 entspricht. Diese Fläche reicht aus, um 2,5 Millionen Solarpaneele zu installieren und etwa 1 TWh Strom pro Jahr zu produzieren - das entspricht 20 % der gesamten heute in der Schweiz produzierten photovoltaischen Energie.
Die Hindernisse für Sun-Ways
J. Scuderi erklärt, dass er nicht aus der Eisenbahn- oder Solarenergiebranche kommt. Er hatte jedoch mehrere Jahre im Energiesektor gearbeitet. Die Idee kam ihm, als er an einem Bahnhof auf seinen Zug wartete. Er dachte an die enormen ungenutzten Flächen, die die Eisenbahn darstellt, und daran, wie sie die Entwicklung großer Solarkraftwerke erheblich fördern könnten.
Als er mit der Arbeit an seinem Konzept begann, bestand die Herausforderung darin, Wege zu finden, um zwei Welten miteinander zu verbinden, die normalerweise getrennt voneinander arbeiten, ohne dass es einen Beweis für die Machbarkeit seiner Idee gab. Vor allem aber gab es keine Vorschriften für die Photovoltaik im Eisenbahnbereich:
Als wir anfingen, Genehmigungen zu beantragen, gab es viel Überraschung und Unverständnis bei den Behörden. Wir mussten viel kommunizieren und vermitteln, um all diese Leute an einen Tisch zu bringen und die Funktionsweise unserer Technologie zu diskutieren.
Das Pilotprojekt hat die Glaubwürdigkeit der Lösung gestärkt, was das Bewusstsein und das Interesse auf nationaler und internationaler Ebene erhöht.
Die Zusammenarbeit mit der Stiftung Solar Impulse
Die Innovation von Sun-Ways wurde im Jahr 2023 mit dem Label Solar Impulse Efficient Solution ausgezeichnet. J. Scuderi sagt dazu: :
Für die Menschen in der Welt der Innovationen und Erfindungen ist Bertrand Piccard ein Vorbild, da er innovative Projekte durchführt.
Die Zusammenarbeit mit der Fondation Solar Impulse sei ein Weg, um bei Behörden und potenziellen Investoren Glaubwürdigkeit zu erlangen. Sun-Ways trägt das Logo des Labels mit Stolz, um die Sichtbarkeit und den Wert seiner Botschaft zu erhöhen, insbesondere bei den von der Stiftung organisierten Veranstaltungen, wo es Sun-Ways geholfen hat, potenzielle Partner oder andere Start-ups zu treffen.
Ein Blick in die Zukunft
J. Scuderi hofft, in den nächsten fünf Jahren auf 10 bis 100 km Schweizer Bahnstrecken die ersten Solarkraftwerke zu entwickeln, die ausschließlich mit Fotovoltaikpaneelen der Bahn betrieben werden. Er glaubt, dass er durch Partnerschaften mit anderen Ländern, in denen die Vorschriften die Anwendung der Technologie effizienter machen, schneller expandieren kann. In der Schweiz wird er noch 3 Jahre warten müssen, bevor er die endgültige Genehmigung erhält.
Er glaubt, dass so genannte "Sandkästen" - in denen Start-ups Pilotprojekte mit anpassbaren Regeln starten können, ohne dass sie vor dem Start ihres Programms übermäßig anspruchsvolle Vorschriften einhalten müssen - der Schlüssel zu schnelleren Entwicklungszyklen sein könnten.
Außerdem sind die Schweizer Eisenbahnen alle öffentliches Eigentum. In anderen Ländern befinden sich einige Bahnen im Besitz privater Unternehmen, die an einem schnellen Fortschritt interessiert sind und die Entwicklung erleichtern.
Sun-Ways ist bereits in Gesprächen, um Projekte in Frankreich, Indonesien, Südkorea, Kanada, Mexiko und Indien zu realisieren. J. Scuderi hofft, in den nächsten 5 Jahren und in 15 Jahren 5000 km internationale Eisenbahnstrecken zu schaffen:
Warum nicht 100.000 km?
Geschrieben von Hugo Kermiche&Léon Pieyre an 23. Juli 2025